Reisebericht Florida 2023 – fish of a lifetime

Fliegenfischen auf Jack, Tarpon, Snook, Blacktip Sharks…

 

Als Kieler versuche ich immer das Beste aus der Kieler Woche zu machen, indem ich Kiel verlasse und in Urlaub fahre. Dieses Jahr habe ich, nach eine paar Jahren pandemiebedingter Pause, wieder meinen guten Freund Michi Mauri in Stuart, Florida besucht. Michi ist ein weltbekannter hervorragender Fliegenfischer und professioneller Fliegenfischer-Guide. Zusammen stellten wir zwei Wochen lang vor der Küste Stuarts und im Intercoastal Waterway ein paar wirklich großen und kampfstarken Fischen nach.

Bei unserer ersten Ausfahrt mit dem Boot konnten wir in Strandnähe mehrere Schulen großer Jack Crevalle ausmachen. Der zweite Wurf mit einen großen Popper in die Schule wurde sofort mit einer aggressiven Attacke quittiert. Danach flog in Sekundenbruchteilen sämtliche leere Schur durch die Ringe, gefolgt von locker 100 Metern Backing. Eine 20-Kilogramm Kampfmaschine lässt sich nicht so leicht stoppen. Nach heftigem Tauziehen konnten wir den Fisch landen und unversehrt zurücksetzen. Kurz darauf trafen wir auf eine weitere Schule und konnten das Ganze noch einmal wiederholen. 

 

Auch die nächsten Tage bescherten und einige dieser beeindruckenden Rambos im Körper eines Fisches. Außerdem konnten wir einige False Albacore, eine kleine Thunfischart, fangen, die ebenfalls sensationelle blitzschnelle Fluchten hinlegten. Albies sind nicht nur brachiale Fighter, sie sind auch hervorragende Speisefische, wenn man sie perfekt zubereitet.

Etwas weniger Glück hatte ich zunächst mit den Tarpons. Bei unserer zweiten Ausfahrt konnten wir viele Fische an der Oberfläche rollen sehen. Außer uns waren aber noch viele andere Boote unterwegs, und die Fische waren sehr vorsichtig. Dennoch konnte ich einen großen Fisch um die 80 Pfund haken, der sich neben dem Boot in voller Länge aus dem Wasser katapultierte. Leider löste sich bei diesem Sprung auch die Fliege. Auch die nächsten Tage brachten Tarponkontakte aber keinen sicher gehakten Fisch.

Meistens waren unsere Ausfahrten wegen immer wieder aufziehenden Gewittern eher kurz. Aber an dem nun folgenden Tag war für den Nachmittag und den Abend gutes Wetter vorhergesagt. Ein Plan wurde geschmiedet: nachmittags bei ablaufender Tide Fliegenfischen auf Blacktip Sharks, in der Dämmerung ein paar Würfe auf Tarpon und danach nächtliches Sichtfischen in den Docklights auf Snook. Für die Haie hingen wir zwei Fischgerippe aus Michis Tiefkühltruhe in die Strömung. Das lockte sie bereits nach wenigen Minuten zum Boot. Nachdem die ersten Fische die Fliege nur vorsichtig anstupsten, packte nach einigen Versuchen endlich ein Hai richtig zu. Darauf folgte eine wilde lange Flucht mit akrobatischen Luftsprüngen. Nachdem wir den ersten Hai sicher gelandet und zurückgesetzt hatten, konnten wir das mit einem zweiten Hai noch einmal wiederholen.

Danach war es Zeit für die paar Würfe auf Tarpon. Wir befischten dazu eine Art Wellenbrecher in der Mündung des Intercoastal Waterways. Die ablaufende Tide drückte dort das Wasser und damit auch viele Futterfische gegen die Wand. Deshalb war mit Tarpons zu rechnen. Und tatsächlich spürte ich nach einigen Würfen ein vorsichtiges Anfassen. Ich war alarmiert und konnte deshalb den brutalen Biss, der nach dem nächsten Strip erfolgte, mit einigen harten Strip Strikes quittieren. Dann begannen die zwei unvergesslichsten, atemberaubendsten, spannendsten und körperlich und mental anstrengendsten Stunden meines Anglerlebens.

Der Fisch sprang ein einziges Mal, kurz nach dem Anbiss. Wir konnten ihn beide aber in der Dämmerung nicht richtig sehen. Danach folgten ein paar wilde heftige Fluchten. In dem Areal, in dem wir uns befanden, eine heikle Angelegenheit. Es gab reichlich Hindernisse in Form der Wellenbrecher, eines Seezeichens aus Balken, ein- und ausfahrender Boote und nicht zuletzt der Haie in diesem Bereich. Deshalb verwendeten wir auch ein sehr robustes Setup, um Fische schnell und hart zu drillen und somit schnell und sicher zu landen: 80 lb. Backing, eine Fliegenschnur mit 100 lb. Tragkraft, 60 lb. Vorfach mit 100 lb. Shock Tippet. Dazu die Bremse der Rolle maximal zugedreht. Doch auch so war der Fisch nicht zu stoppen. Irgendwann, es war bereits stockdunkel, schwamm er aus dem Mündungsbereich ins offene Meer. Die hohen Wellen in der Ausfahrt nahm ich nur noch am Rande wahr. Ich war voller Adrenalin und nur auf den Fisch konzentriert. Der lies sich weiterhin weder stoppen noch kontrollieren. Allmählich zweifelten wir daran, dass es wirklich ein Tarpon war. Michi tippte eher auf einen Hai, den ich an der Rückenflosse gehakt hatte. Wir fuhren ständig hinter dem Fisch her und hatten ihn mehrfach unter dem Boot. Aber alle Versuche, ihn zur Oberfläche zu liften, scheiterten. Inzwischen war über eine Stunde härtester Drill vergangen. Ich war bereits körperlich mehr am Ende als jemals zuvor in meinem Leben. Michi versuchte dann den Fisch zu liften, indem er die Fliegenschnur in die Hand nahm – keine Chance, der Fisch reagiert nur mit einer weiteren Flucht. Das versuchten wir noch unzählige Male, bis der Widerstand endlich nachließ. Zunächst sahen wir eine gewaltige Silhouette etwa 10 Meter vom Boot unter der Oberfläche. Bei Nacht war es schwer zu erkennen, aber ich glaubte, große Schuppen zu erkennen. Wenig später konnte Michi den Fisch dann tatsächlich am Boot leadern und greifen. Dann ging alles sehr schnell. Ein kurzes wildes Wrestling zwischen Michi und dem größten Tarpon, den wir beide je gesehen hatten, kurze klare Ansagen von Michi: „Mach die Lampe an, GoPro an, halt die Rute fest!“ Mit zitternden Knien und völlig außer Atem versuchte ich möglichst gut hinzubekommen, was man eigentlich nur mit drei Händen schafft. Im Schein der Lampe sah ich fassungslos das riesige Fischmonster neben dem Boot. Die gesamte Länge konnte ich nur ahnen, weil nur die vordere Hälfte an der Oberfläche war. Michi löste in der Zwischenzeit den Haken, der sicher im Maulwinkel saß. Nun war höchste Priorität, den gewaltigen Tarpon wieder unbeschadet zurückzusetzen. Auch war es nicht ungefährlich bei Nacht in diesem Haigebiet einen Fisch mit den Händen im Wasser zu halten. Deshalb schloss sich jede Art längerer Fotosession von vornherein aus. Nachdem der Haken gelöst war, hielt Michi den Koloss noch ein paar Sekunden bei langsamster Fahrt in der Strömung, bis der sich von selbst mit kräftigen Flossenschlägen wieder in die Freiheit davon machte.

Wie unfassbar groß dieser Tarpon wirklich war, wurde mir erst allmählich im Lauf der nächsten Tage bewusst. Anhand der Bilder und der Größenvergleiche - Michis ein Meter langer Arm im Vergleich zum Körper des Tarpons , Bilder von gewogenen und vermessenen großen Tarpons, der Größe der Schuppen – wurde allmählich klar, dass dieses riesige Exemplar sicherlich 200 Pfund schwer und klar über 2 Meter lang war. So groß, wie kaum ein anderer Tarpon, der je mit der Fliege gefangen wurde.

 

Tackletipps:

 

Dieser Salzwassertrip war natürlich auch eine hervorragende Gelegenheit, verschiedenes Fliegenfischerzubehör auf Herz und Nieren zu testen.

Unter Anderem hatte ich ein Prototyp der zukünftigen Marlo SteelBoss Fliegenrolle dabei. Wir hatten die ‚Rolle mit 300 m 80 lb Backing und einer SA Amplitude Bigwater Schnur mit 100 lb Tragkraft bespult, um sie wirklich hart ranzunehmen. Schon vor ihrem Praxiseinsatz waren wir begeistert, wie hart man die Rollenbremse einstellen kann. Die Frage war, ob das auch bei einer superschnellen weiten Flucht in der Praxis funktioniert. Ein hungriger Blacktip Shark war das perfekte Versuchstier. Er zog von der Rolle bei maximaler Bremseinstellung innerhalb weniger Sekunden ungefähr 150 Meter Schnur. Die Bremse funktionierte vollkommen ruckfrei, die Spule war auch bei hohen Umdrehungen perfekt ausbalanciert, und die Bremse wurde nicht heiß. Praxistest mit Auszeichnung bestanden. Die einzige Kleinigkeit, die wir nicht perfekt fanden, war die etwas kleine Kurbel. Die wird aber bei der Endfassung groß und griffig sein.

Ebenfalls hart hergenommen wurde die ECHO Badass Glasrute in 8‘ #10. Sie war das tägliche Arbeitspferd, um mit Tarpons, großen Jack Trevalle und Haien fertig zu werden. Ich fischte die Rute mit einer SA Amplitude Grand Slam Schnur in # 11, die sie mit wenigen Leerwürfen auf beachtliche Distanzen befördert. Beachtlich ist aber vor allem, was die Badass im Drill leistet. Bei allen Fischen, die ich damit drillte, galt immer die Devise maximaler Druck. Das ist grundsätzlich kein Problem bei einem flachen Rutenwinkel und einem Fisch, der weit vom Boot entfernt ist, aber mit dieser ultrarobusten Glasrute besteht auch kaum eine Bruchgefahr, wenn man einen Fisch direkt am Boot liftet und ihn dabei um den Motor oder den Bug des Bootes manövrieren muss. Wer weiß, wie viele Carbonruten dabei brechen, kann diesen Vorteil nicht hoch genug einschätzen. Auch wenn die Badass Glas im Vergleich viel weniger kostet, ziehe ich sie für diese brachiale Fischerei den meisten Kohlefaserruten vor.

Wir haben auch verschiedene Schnüre getestet. Unter Anderem auch einige unserer Lieblingsschnüre zum Meerforellen- und Hechtfischen. Um das gleich kurz abzuhaken: funktioniert nicht. Selbst wenn diese Schnüre bei uns im Sommer problemlos verwendet werden können, sind sie im warmen Salzwasser wie totgekochte Spaghetti – labbrig weich und ununterbrochen verheddert. Wirklich gut dagegen gefielen mir die Grandslam Schnüre und die Sonar Titan full intermediate von Scientific Anglers. Sie lassen sich sehr sauber präsentieren, sind schußfreudig und haben genau die richtige Steifheit.

Für die Vorfächer verwendeten wir hauptsächlich das Scientific Anglers Absolute Fluorcarbon Shock Material von 25 bis 80 lb. Es ist auch in dicken Durchmessern relativ geschmeidig, aber sehr abriebfest, hält zuverlässig und lässt sich gut knoten.

Wenn Sie einen Salzwassertrip planen, können Sie alle von uns empfohlene Produkte über Serious Flyfishing beziehen, auch wenn wir sie nicht in unseren Online Shop aufgenommen haben. Ich berate Sie auch gerne persönlich bei mir im Laden, am Telefon oder per Mail.

Das war anstrengender Spass!!!!!!  🐟🐬🐠🤠